Ich spüre es in fast jedem Meeting, sobald das Kürzel „KI“ fällt. Erst herrscht betretenes Schweigen, dann folgt pflichtschuldiges Nicken. Wir reden über Effizienz, über Automatisierung und Wettbewerbsvorteile. Doch unter der Oberfläche brodelt etwas ganz anderes: die nackte Existenzangst. Wir alle stehen gefühlt auf der Abschussliste. Künstliche Intelligenz wird Jobs schlucken, Jobs verändern und ganze Berufsbilder obsolet machen. Das ist keine Schwarzmalerei, das ist die Realität.
Die Ironie dabei ist kaum zu ertragen. Wir füttern die Algorithmen mit unseren Daten, unserem Wissen und unserer Kreativität. Schaufeln wir uns damit unser eigenes Grab? Teilweise ja. Aber wir haben keine Wahl. Wer sich heute verweigert, ist morgen weg vom Fenster. In vielen Branchen geht es ohne KI schlichtweg nicht mehr. Doch Technologie allein ist wertlos, wenn die Menschen, die sie bedienen sollen, vor Angst gelähmt sind. Genau hier versagen viele Unternehmen. Sie implementieren Tools, vergessen aber die Seele des Wandels.
Warum Change Management bei KI oft scheitert
Das größte Missverständnis in den Chefetagen ist die Annahme, KI-Einführung sei ein IT-Projekt. Das ist falsch. Es ist ein tiefgreifender kultureller Einschnitt. Wenn ich mit Führungskräften spreche, höre ich oft Sätze wie: „Wir wollen die Leute nicht beunruhigen.“ Das Resultat ist fatal. Statt offener Kommunikation herrscht Funkstille. Und in dieser Stille wuchern Gerüchte wie Unkraut. Die Mitarbeiter malen sich Katastrophenszenarien aus, die oft schlimmer sind als die Realität.
Laut einer viel zitierten Analyse von Goldman Sachs könnten weltweit bis zu 300 Millionen Vollzeitstellen durch Automatisierung beeinflusst werden. Diese Zahl steht im Raum. Sie macht Angst. Wenn die Führungsebene diese Angst ignoriert, scheitert jedes Change Management. Wir brauchen keine beschwichtigenden PR-Floskeln. Wir brauchen radikale Ehrlichkeit. Die Chefetage muss ein konkretes Bild der Zukunft haben – und dieses Bild teilen, auch wenn es unbequeme Wahrheiten enthält. Wenn Arbeitsplätze wegfallen, muss das ausgesprochen werden. Nur so kann man gemeinsam nach Lösungen oder Umschulungen suchen.
Ein Ritual für echte Transparenz etablieren
Austausch ist keine Einbahnstraße. Es reicht nicht, wenn der CEO einmal im Quartal eine Powerpoint-Präsentation hält und danach verschwindet. Ich plädiere für eine Kultur des permanenten Dialogs. Die Mitarbeiter müssen gehört werden, ohne Angst vor Repressalien zu haben. Ein Werkzeug, das ich in der Praxis als extrem wirkungsvoll erlebt habe, ist das wöchentliche „All Hands Meeting“ mit einem speziellen Twist.
Der Ablauf ist simpel, aber mächtig. Am Ende jedes Meetings sammelt das Team Fragen. Wichtig dabei: Die Anonymität muss gewahrt bleiben. Tools wie Mentimeter eignen sich dafür hervorragend. Mitarbeiter tippen ihre Sorgen, Fragen oder Kritikpunkte ein, und alle können diese Einreichungen in Echtzeit bewerten. Die Fragen mit den meisten Stimmen wandern nach oben. Das Management verpflichtet sich, die Top 3 dieser Fragen in der kommenden Woche zu beantworten. Ohne Ausreden. Ohne „Dazu können wir nichts sagen“.
Dieses Vorgehen zwingt die Führungskräfte, sich mit den echten Sorgen der Belegschaft auseinanderzusetzen. Es nimmt den Druck aus dem Kessel. Plötzlich ist es kein Kampf „Wir gegen Die“, sondern ein gemeinsames Ringen um die Zukunft. Es entsteht ein Raum, in dem auch der Chef zugeben darf: „Ich weiß es noch nicht genau, aber wir finden es heraus.“ Das schafft mehr Vertrauen als jede Hochglanz-Broschüre.
Fazit
Technologie lässt sich kaufen, Vertrauen nicht. Wer KI erfolgreich integrieren will, muss die Menschen mitnehmen. Das erfordert Mut zur Wahrheit und Formate, die ehrlichen Austausch zulassen. Wenn wir die Angst vor dem Wandel nicht adressieren, wird der Wandel uns überrollen.
Stecken Sie gerade in genau diesem Prozess und merken, dass die Kommunikation hakt? Fehlen Ihnen die richtigen Worte oder Formate, um Ihr Team bei diesem Wandel mitzunehmen? Lassen Sie uns sprechen. Ich unterstütze Sie gerne dabei, die richtige Strategie für Ihre interne Kommunikation zu finden.
Quellen:
Goldman Sachs: Generative AI could raise global GDP by 7% (Bericht zur Auswirkung auf Arbeitsplätze)



